1. Hälfte: 96 Hours - Homeland - Homeland - Stirb langsam - 24 - Alarm für Cobra 11 - Homeland
2. Hälfte: 96 Hours - 96 Hours - 96 Hours - Mission Impossible - 96 Hours - 96 Hours - 96 Hours
Das mag zunächst nach einer enormen Vielfalt klingen, mündet jedoch in Auswechselbarkeit. Unterscheiden sollte man dabei aber zwischen der ersten und der zweiten Hälfte dieser zweiten Fortsetzung des großartigen Actionthrillers "96 Hours" (im Orginal "Taken").
Liam Neeson spielt nun also schon zum dritten Mal den (in diesem Teil nicht mehr ganz so) übervorsichtigen Übermacht-007. Der große Unterschied zu Mr. Bond liegt dabei einmal mehr in der Thematisierung des Privatlebens von Protagonist Bryan Mills.
Statt dem Kinopublikum jedoch zum dritten Mal dieselbe Kost lau aufgewärmt aufzutischen, haben sich die Produzenten einige neue Handlungskniffe einfallen lassen. In freudiger "Stirb Langsam" oder "24".Manier wird Mills vom Jäger der Schuldigen zum Gejagten, der seine Unschuld beweisen muss. Dabei bringt Neeson diese Art von Plot betreffend ordentlich Erfahrung aus den beiden gelungenen Streifen "Unknown Identity" und "Non-Stop" mit. Reichlich Neues also für die "Taken"-Reihe, wenig Neues jedoch für den gewohnten Konsumenten ähnlicher Streifen. Dies wird bei einigen weiteren Handlungssträngen wie den Ereignissen und die Beziehung zwischen Mills und seiner Tochter deutlich. Genau dieselben Ansätze haben wir schließlich ebenfalls bei "24", "Stirb langsam", sowie bei beiden Vorgängern gesehen.
So dümpelt die erste Hälfte des Films vor sich hin, beginnt beinahe damit, in "Homeland"-Manier seriell und gestreckt zu erzählen und schafft es einfach nicht, den Zuschauer zu packen. Hervorzuheben ist dabei natürlich, dass die Autoren sich mit dem frühzeitigen Tod der Figur Lenore (die Ex-Frau Mills) ein großes Laster zugelegt haben. Es ist einfach unglaublich schwer das Ableben einer wichtigen Figur (die dem Zuschauer in diesem Fall auch noch über zwei Filme an's Herz gewachsen ist) mit gebührender Tragweite darzustellen ohne die Spannung und das Sehvergnügen des gesamten Filmes auf der anderen Seite in den Dreck zu ziehen. Hier darf man den Kreativen ruhig mal ein Lob zusprechen. Immerhin dieser Aspekt ist nicht für die schwache erste Hälfte des Films verantwortlich.
Auch die Chemie der Charaktere, die weiterhin stark geschrieben sind, ist keinesfalls an immer wieder auftretenden Durchhängern schuld. Nein, es sind vor allem die unglaublich abgenutzten und durch ihre Aufmachung komplett zerstörten Actionsequenzen, die in ihrer handlungstechnischen Tragweite zum Teil einer umgefallenen Plastiktasse ohne Inhalt gleichen. Exemplarisch dafür soll eine Jagdsequenz auf freier Autobahn gelten. Ein Auto hier, ein anderes Auto da, ein bisschen Feuer, eins der Autos überschlägt sich, etwas anderes Großes fliegt durch die Luft, eine Explosion... Diese komplett schemenhafte Anreihung viel zu genretypischer Actionsequenzabläufe wird darüber hinaus durch viel zu schnelle Schnitte komplett zerstört. In diesem Fall weiß ich wirklich nicht, was das Produktionsteam mit diesem Vorhaben, das noch akzeptable Material in solchem Maße zu vergewaltigen, bezwecken wollte. "Ein Quantum Trost" aus der übermächtig konkurrierenden Bondreihe war der letzte ähnliche Streifen, der auf diese nicht nachvollziehbare Schnittart imponieren wollte.
Nun aber genug über die erste Hälfte gemeckert, man muss natürlich auch auf die tatsächlich folgende extreme Verbesserung eingehen.
Die zweite Hälfte des Films erfindet das Genre schließlich auch nicht neu, bietet dafür jedoch trotzdem Einiges. Gestärkt durch die unglaublich lang gefasste Einführung während der ersten Hälfte, offenbart der Streifen einige handlungstechnische Raffinesse und weiß (obwohl nach wie vor nichts Neues geboten wird) frisch und innovativ zu wirken, seine Unterschiedlichkeiten zu beiden Vorgängern hervorzuheben und den Zuschauer dabei endlich zu erfassen. Endlich taucht sozusagen der Eisberg auf, von dem man zuvor nicht mehr als die Spitze zu sehen bekam. Das Potenzial, welches die grundsätzliche Handlung in Verbindung mit der Marke "Taken" aufweist, wird endlich geschöpft. Interessanterweise geht der ansonsten so auf dreckige, realitätsnahe Verbrecherdarstellung ausgelegte Film ab diesem Zeitpunkt zu Teilen seinem eigenen Schema fremd und fährt eher auf der "Mission Impossible"-Schiene. Dies tut aber weder Spannung noch dem Gesamtbild wirklich weh.
Schlussendlich kann man doch zufrieden mit dem Produkt sein. Die erste Hälfte ist zwar nicht wirklich gut, richtig schlecht kann man das Gelieferte aber auch bei weitem nicht nennen. Wer zum Beispiel "Stirb Langsam 5: Ein guter Tag zum Sterben" gesehen hat, der weiß, dass diese Art von Filmreihen mit ihren Fortsetzungen immer Gefahr laufen, komplett den Boden unter ihren Füßen zu verlieren. Die zweite Hälfte belohnt dann für's Durchhalten und wertet das gesamte Produkt in solch einem Maße auf, dass die Gesamtbilanz positiv bleibt.
Ich nenne es mal routinierte Markenpflege.
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