Remakes
alter (Horror-) Filme sind ja gerade ganz groß in Mode. Was liegt da also
ferner, als den gut gealterten Klassiker „Carrie“, der dazu noch die Verfilmung
eines Stephen King-Romans ist, neuaufzulegen. Damit kein Durcheinander aufkommt
und falls sich jemand diese Kritik in 40-50 Jahren noch einmal durchlesen
sollte: Es geht hier um das Remake von 2013.
Wer den
Inhalt nicht kennt, dem empfehle ich wärmstens den Trailer zum Film (weiter
unten auf der Seite zu finden), hier wird
nämlich so ziemlich alles vorweggenommen. Zugegebenermaßen: In diesem Fall war
es marketingtechnisch sinnvoll und nötig, den gesamten Plot im Trailer zusammenzufassen, dennoch bewirkt dieser Kniff
die negative Folge, dass das Seherlebnis selbst einer unzufrieden stellenden
Vorhersehbarkeit unterworfen wird.
Wer sehfaul
und lesebegeistert ist (nein, das wiederspricht sich nicht!), für den sei der Inhalt kurz
zusammengefasst: Es geht um ein Mädchen (Carrie), in dem der Teufel schlummert. So
besitzt es telekinetische Fähigkeiten. In der Schule wird Carrie gemobbt, was
schließlich ihren Mitschülern selbst zum Verhängnis werden soll, als das
besessene Mädchen einen Gefühlsausbruch erleidet.
Nett hierbei
sind vor allen Dingen einige Anekdoten an klassische High-School Filme. Das
Mauerblümchen , das von ihrem Traumprinzen zum Abschlussball
eingeladen wird, als Protagonist, die motivlos bösgesinnte Antagonisten, deren einziger
Lebenssinn es zu sein scheint, den Alltag der Hauptperson durch gemeine Kniffe
zur Hölle werden zu lassen, die dominante, gutmütige Lehrerin, die die einzige
Freundin der Protagonistin ist.
Ein
klassischeres Grundkonzept mag es für High-School-Komödien gar nicht geben. Dieses
Grundgerüst jedoch in einem Horrorfilm
zu
nutzen, stellt einen interessanten Ansatz dar.
In der Tat
wirkt der Mischmasch aus Drama-, High-School und Horrorelementen recht gekonnt
und unterhält.
Weitaus
weniger gekonnt ist dabei Darstellung der Carrie zu Beginn. Das Mädchen ist ein
Mauerblümchen; das ist ein Fakt und kein Zuschauer darf daran zweifeln können.
Diesen oder einen ähnlichen Gedanken müssen die Produzenten im Kopf gehabt
haben, als sie Chloë Grace Moretz (als Carrie) anwiesen, extrem gekrümmt und künstlich
hinter den eigenen Armen versteckt durch die Schulgänge zu schleichen. Diese
Darbietungen wirken zum Teil nicht ernstzunehmend und sogar belustigend. Es sei
jedoch hervorgehoben, dass benanntes Problem vor allem zu Beginn des Filmes
auftritt, danach werden die Gründe für Carries krankhaftes Verhalten durch so atmosphärisches
Schauspiel erläutert, dass der Zuschauer an übertriebenen Reaktionen der
Protagonistin auf ihre Umwelt nicht mehr zweifelt.
Schließlich
ist es vor allem das verstörende Verhältnis zwischen Carrie und ihrer Mutter, das
besonderes Interesse erweckt und verdient. Es ist ein Verhältnis zwischen Hass
und Liebe, Angst und Fürsorge. So unverständlich die Aktionen beider Seiten
ohne Zusammenhang erscheinen mögen, so nachvollziehbar gestalten sie sich in
Bezug auf den Gesamtplot.
Julianne
Moore (als Mutter) leistet eine ansprechende Darbietung und erscheint völlig gestört und das
auf einer verständlichen Ebene.
Zum Ende hin
steigert der Film sich in Ausschreitungen aller Art. Es entpuppt sich als schwer,
noch zu unterscheiden, ob das letzte Drittel einen Höhepunkt oder eine
Entartung markiert. Während die Darstellung überzeugt, verliert der Zuschauer
jeglichen Anhalt durch eine Identifikationsfigur. Es fehlt ein Charakter zum
Mitfiebern und schlussendlich erscheint das Schicksal aller Beteiligten als
uninteressant. Die Handlung wird so konsequent zu Ende geführt und will in den
letzten Minuten noch einige Male schocken, schafft dies tatsächlich jedoch
nicht immer im vollen Maße. Die Inszenierung stimmt allerdings.
Was
schließlich bleibt, das ist die Frage, ob man das Remake „Carrie“ wirklich
einwandfrei als ‚Horror‘ bezeichnen kann. Dafür sprechen viele genretypische
Elemente (schwebende Gegenstände, Religion, Blut), die heutzutage die Grundbasis
für einen Gruselstreifen darzustellen scheinen. Dagegen jedoch spricht vor
allem die große Dramaturgie des (Mittelteils des) Films. Die Verarbeitung des
gegebenen Themas fällt in großem Maße faszinierend, aber nicht gruselig, aus.
Der Film erschreckt in keinem Moment und will zu oft mehr Drama als Horror sein.
Insgesamt
ist ein solides Produkt entstanden, das interessante Grundsätze für die
Bearbeitung seines Themas wählt. Der Film erfüllt einige Charakteristiken eines
typischen Horrorfilms nicht, was allerdings auch in keinster Weise notwendig
ist.
Ein unkonventioneller Streifen. Aber unkonventionell zu sein heißt auch nicht immer, die anderen zu überragen.
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